Jahresrhythmus

In unseren Breitengraden kennen wir jahreszeitlich unterschiedliche Tageslichtlängen. Im Sommer beginnt bereits am frühen Morgen der Sonnenaufgang und erst spät am Abend geht die Sonne wieder unter. Im Winter dagegen verlassen viele am Morgen im Dunkeln das Haus und kehren im Dunkeln wieder von der Arbeit nach Hause. Diese unterschiedlichen Tageslichtlängen gibt es auch in der Heimat der europäischen Landschildkröten. Daher sind sie bei uns auch recht gut in Freilandanlagen zu halten, und mit abnehmender Tageslichtlänge bereiten sie sich, auch unabhängig von den sinkenden Temperaturen, auf die Winterruhe vor.

Auch um Landschildkröten zur Fortpflanzung zu bewegen, ist es unbedingt erforderlich, ihnen einen Jahresrhythmus zu bieten, der ihrem Lebensrhythmus entspricht. Das heißt, die unterschiedlichen Jahreszeiten steuern ihre biologische Uhr und viele Lebensvorgänge. Auch die Produktion von Ei- und Samenzellen steht im engen Zusammenhang mit dem Jahresrhythmus.

Vorbereitung von Terrarientieren

Grundlage für eine erfolgreiche Überwinterung ist eine mind. 3- wöchige Vorbereitungsphase, bei semiadulten Tieren sollten es besser 4 Wochen sein. Während dieser Zeit werden die Tiere 1x wöchentlich ca.10 Minuten lauwarm gebadet. (Bei sehr robusten, erwachsenen Tieren, die vorwiegend im Freiland gehalten werden, kann dies auch entfallen). Während dieser Vorbereitungszeit wird in der ersten Woche die Futterration auf die Hälfte reduziert. (Am besten nur noch Trockenfutter wie z.B Agrobs füttern). Gleichzeitig wird die Beleuchtungsdauer mit HQI oder HQL Lampen von seither 12-10 auf 7 Stunden umgestellt. Zusätzliche Wärmelampen bleiben in der ersten Woche nur noch 4 Stunden lang eingeschaltet. Ab der zweiten Woche, wird die Fütterung ganz eingestellt, die Lichteinstrahlung reduziert sich um zwei weitere Stunden auf insgesamt 5. Die Wärmelampen lässt man jetzt noch 2 Stunden am Tag brennen. In der dritten Woche stellt sich die Lichtintensität auf ca. 4 Stunden täglich ein und die Wärmelampen werden nun ausgeschaltet. Parallel zur Lichtverkürzung verringert sich ebenfalls wochenweise die  Temperatur im Terrarium, bis eine Temperatur von höchstens 10-12 Grad/°C erreicht wird. Dies erreicht man am besten durch einen kompletten Raumwechsel. Die Tiere liegen zu diesem Zeitpunkt meist schon vergraben in einer Ecke. Die Nachttemperatur sollte während der gesamten Vorbereitungsphase immer deutlich unter der Tagestemperatur liegen, am besten so um die 8-10 Grad. Nach einer Gewichtskontrolle kommen sie dann in ihre Überwinterungskisten. Im allgemeinen sollte die Tageslichtlänge im Herbst der natürlichen Außenbeleuchtung im Freien angepasst werden.

Zusammenfassung

1. Woche Futter reduzieren.

Beleuchtungsdauer 7 Stunden. Wärmelampe 4 Stunden

Tiere 1x baden

Tagestemperatur 20C°

 2.Woche Fütterung einstellen.

Beleuchtungsdauer 5 Stunden. Wärmelampe 2 Stunden.

Tiere 1x baden

Tagestemperatur 15C°

 3.Woche Beleuchtungsdauer 4 Stunden. Wärmelampe aus.

Tiere 1x baden

Tagestemperatur 10C°

1.- 3. Woche Nachttemperatur 8-10C°

 

Vorbereitung von Freilandtieren

Bei den Freilandtieren braucht man meist keine hilfestellenden Maßnahmen einzuleiten, da sie sich mit abnehmender Temperatur und Tageslichtlänge selbständig in ihren Schutzhütten auf die Winterruhe vorbereiten. Zum Einwinterungszeitpunkt hole ich die Schildkröten in den Keller, wo sie dann an zwei aufeinander folgenden Tagen nochmals gebadet werden. Anschließend erfolgt noch eine protokollierte Gewichtskontrolle.

Überwinterung

Die Tiere können bei einer Kellerüberwinterung in Holzkisten entsprechender Größe untergebracht werden. Eine Unterbringung im Kühlschrank, wird aber mittlerweile von vielen Haltern immer öfters praktiziert.Hierzu benötigt man einen leeren funktionsfähigen Kühl- oder Getränkekühlschrank. Wichtigstes Kriterium ist eine gleichbleibende Temperaturführung. Das heißt, das sich die Kühltemperatur über den gesamten Überwinterungszeitraum ziemlich konstant zwischen 4 - 6 Grad°C bewegen muss. Hier sollte im Vorfeld ein mehrwöchiger Probelauf  mit mehreren Thermometern stattfinden. Für Kühlschränke haben sich bisher Plastik-Boxen als Einwinterungskisten bestens bewährt. Zum Luftaustausch reicht es, wenn man alle 2 Wochen die Türe kurz öffnet und das Substrat auf Feuchtigkeit prüft. Als Füllmaterial, in das sich die Tiere verkriechen können, eignet sich zuerst eine Bodenschicht Rindenhumus (kein Torf) oder wahlweise Terrarienerde oder Kokosfaser und darüber Buchenlaub, da andere Laubsorten zu viel Gerbsäure enthalten. Das Substrat  sollten Sie monatlich kontrollieren und bei Bedarf wieder leicht anfeuchten. Achten Sie auf ausreichend Luftfeuchte im Raum, damit der Gewichtsverlust ihrer Tiere während der Ruhezeit nicht zu groß wird. Die anschließenden Temperaturbedingungen für eine dauerhafte Winterruhe liegen bei 4-6 Grad°C. Eine Luftfeuchtigkeit von ca. 70% sollte ebenfalls gewährleistet sein, während der Winterruhe wird das Tier vor dem Austrocknen bewahrt und meist verbliebener Kot im Darm des Tieres verhärtet nicht. Unter diesen Bedingungen reduziert das Tier seinen Kreislauf auf ein Minimum, der Gewichtsverlust ist minimal und erwachsene Tiere, können so, bei gleichbleibenden Gegebenheiten bis zu max.6 Monate verharren.

Überwinterungsbeispiel

Beispiel einer Überwinterungskiste Kiste im Querschnitt

Eigentlich sollte sich die Dauer der Winterruhe nach den natürlichen Temperaturbedingungen im Herkunftsland der Elterntiere richten. Da diese Elterntiere jedoch in den seltensten Fällen richtig zugeordnet werden können, bin ich der Meinung die Tiere lieber etwas länger schlafen zu lassen als sie unter unnatürlichen Bedingungen im Terrarium oder im beheizten Frühbeet noch weitere Monate hinzuhalten.

Im Winter wird z.B Griechenland zeitweilig von den meist abgeschwächten Tiefausläufern erfasst, die aus dem westlichen Mittelmeergebiet heranziehen. Besonders ungünstig ist die Wetterlage, wenn im Winter aufgrund eines Troges über dem östlichen Mitteleuropa kalte Festlandsluft über den Balkan bis nach Griechenland geführt wird. Dann treten selbst auf den südlichen Inseln noch gebietsweise Nachtfröste auf. 

Hier sind einige Literaturangaben zur Überwinterungsdauer bei mediterranen Landschildkröten in ihrem natürlichen Lebensraum aufgeführt.

Art

Überwinterungszeit

Testudo hermanni boettgeri ca.4,5 bis 5,5 Monate
Testudo hermanni hermanni Südfrankreich Nordostspanien 4 Monate
Testudo graeca ibera 5 bis 6 Monate
Testudo graeca graeca Südspanien 2 Monate Marokko (Sousse- Tal) keine Ruhepause Nordafrika 1 Monat
Testudo graeca terrestris 1 Monat
Testudo marginata ca.5 Monate 
Testudo kleinmanni keine Ruhepause
Testudo horsfieldi ca.4 bis 5 Monate 

Aus DRACO Terraristik- Themenheft

Empfohlene Winterruhezeiten

Alter

Winterruhe-Zeiten

Jungtiere mit weniger als 30g Körpergewicht

ca. 4 Wochen

Jungtiere ab 30g Körpergewicht

6-8 Wochen Ende Januar bis Ende März

 Jungtiere 1 Jahr   

3 Monate Ende Dez.-Ende März

Jungtiere 2 Jahre

4 Monate Ende Nov.-Ende März

Jungtiere 3 Jahre

wie Erwachsene Tiere. 5 Monate Ende Okt.- Ende  März

Die graeca ibera Tiere können wie die Griechen eingewintert werden. Achtung ! Bei allen anderen Unterarten der Maurischen Landschildkröte wird eine erheblich verkürzte, bis gar keine Winterruhe gehalten. (Siehe Tabelle oben).

Selbstverständlich sollten nur gesunde Tiere überwintert werden. Wollen die Tiere nicht in die Winterruhe gehen, obwohl die Rahmenbedingungen stimmen, ist meist eine Erkrankung die Ursache (Tierarzt aufsuchen). Kommt es während der Ruhezeit zu Störungen in Form von Unruhe und Platzwechseln, so ist meist ein Wetterumschwung die Ursache. Hier gilt es jetzt das Tier zu beobachten, sind die Augen geöffnet, so muss es dringlichst Ausgewintert werden. Es kann sich in diesem Falle auch um eine Erkrankung oder Wurmbefall handeln. (Tierarzt aufsuchen)

Erwachen

Wenn so gegen Ende März die Temperaturen in unseren Breitengraden wieder langsam ansteigen, ist die Zeit des Erwachens gekommen. Sie können nun die Tiere aus ihrem Winterquartier holen. Passen Sie die Schildkröten jetzt wieder langsam an ihre Vorzugstemperatur an. Dass heißt, schalten sie die ersten Tage nur die HQI oder HQL Beleuchtung ein und beginnen danach langsam mit der Zuschaltung der Wärmelampen. Zu Beginn sollte ein Bad im  handwarmen Wasser folgen, damit die Tiere ihren Wasserhaushalt ausgleichen können. Anschließend sollte jedes einzelne Tier gründlich in Augenschein genommen werden um z.B. rötliche Panzerverfärbungen zu erkennen. Danach nehmen Sie noch eine Gewichtskontrolle vor, hier sollten, bei älteren Tieren über die Monate nicht mehr als ca.5% Verlust zu verzeichnen sein. Bei Jungtieren kann der Verlust bis zu 10 % betragen. Ist alles in Ordnung, so können die Tiere wieder  in ihre zu diesem Zeitpunkt noch beheizten Freilandanlagen oder ins Übergangsterrarium überwechseln. Dort beginnen die Tiere meist schon nach 1 bis 2 Tagen mit der Nahrungsaufnahme.